Interessante Beschwerdefälle aus dem ersten Halbjahr 2019

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Ende Juni/Anfang Juli standen die ersten Beschwerdefälle gegen Influencer im Fokus der Medien. Insgesamt hatte die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) im ersten Halb­jahr jedoch bereits mehr als fünfzig Beschwerden und zwei Rekurse behandelt, die es ebenfalls in sich hatten. Eine Übersicht.

Neben zahlreichen Beschwerden wegen Missachtung des Sterneintrags im Telefonverzeichnis oder des Stopp-Werbung-Klebers lassen sich die Fälle grob in drei Themenbereiche unterteilen: «Geschlechter­diskriminierung», «Konkurrentenbeschwerden» sowie Beschwerden, in denen neben den Grundsätzen der SLK und dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) noch weitere Gesetze tangiert waren. Konkret betraf dies das Lebensmittelgesetz, die Radio- und TV-Verordnung sowie das Tierschutzgesetz.

Gesetz ist Gesetz

  • Radio- und TV-Verordnung (RTVV): Um Yoga ging es in einem Facebook-Clip eines Medienhauses nur am Rande. Eigentlicher Zweck war, die Zuschauer/innen an einem Abstimmungssonntag auf die eige­ne Website zu locken. Dass dies mit einer leicht bekleideten Frau geschah, die die Yoga-Übung «Brü­cke» schlug, sodass der Blick direkt auf ihren Ausschnitt fiel, wurde als unlauter und geschlechterdis­kriminierend taxiert. Das Medienhaus machte jedoch geltend, dass die Lauterkeitskommission gar nicht zuständig sei, sondern die Radio- und TV-Verordnung (RTVV). Diese wäre jedoch nur zur Anwen­dung gekommen, wenn das Medienhaus das Video im eigenen Programm gezeigt hätte (Fall Nr. 114/19).

  • Tierschutzverordnung (TSchV): Als unrichtig und damit unlauter erachtete der Beschwerdeführer Claims wie «Echt stark, unsere Kühe können regelmässig raus». Die beurteilende Kammer der SLK war nicht der gleichen Meinung und wies die Beschwerde in allen Teilen ab. Zwar haben gemäss Bundesamt für Landwirtschaft in der Tat 14 Prozent der Kühe keinen regelmässigen Weidegang. Die TSchV verlangt jedoch auch bei angebundenen Rindern regel­mässigen Auslauf. Der Durchschnitts­konsument kann die beanstandete Werbeaussagen deshalb richtig einschätzen; umso mehr als er weiss, dass der Tierschutz hierzulande weit strenger ist als im Ausland (Fall Nr. 119/19).

  • Lebensmittelgesetz (LMG): Komplexer war der Fall einer Anpreisung von Nahrungsergänzungsmitteln, die gemäss Lebensmittelgesetz (LMG) – ausser zur rein privaten häuslichen Verwendung – nicht oder nicht in der angebotenen Dosierung in die Schweiz eingeführt werden dürfen. Um diese Beschwerde zu beurteilen, nahm die SLK Rücksprache mit dem Bundesamt für Lebens­mittelsicherheit und Veteri­närwesen (BLV). Letztlich wurden dem Beschwerdegegner in drei Fällen empfohlen, seine Kommuni­kation anzupassen: Für die Produkte, die in der Schweiz gar nicht zulässig sind, für einen irreführen­den Produktehinweis sowie für ärztliche Empfehlungen, die gemäss der bundesrätlichen Information über Lebensmittel (LIV) in diesem Zusammenhang nicht erlaubt sind (Fall Nr. 121/19).

Konkurrenten kämpfen mit harten Bandagen

Konkurrentenbeschwerden, mit denen Unternehmen die Werbung von Mitbewerbern beurteilen lassen können, sind ein fester Bestandteil der Fälle vor der Lauterkeitskommission. Dabei ging es im ersten Halbjahr 2019 unter andern um folgende Beanstandungen:

  • Der Preis ist heiss: Ein Augenlaserzentrum konnte nicht nachweisen, dass es den regulären Preis und den Aktionspreis wirklich so beworben hat, wie es die Preisbekanntgabeverordnung (PBV) verlangt – nämlich maximal zwei Monate und nur halb so lang wie er in Kraft war. Die Beschwerde wurde gut­geheissen (Fall Nr. 104/19).

  • Kein Vergleich: Im entscheidenden Teil wurde auch diese Beschwerde gutgeheissen. Dabei ging es um einen Werbeumschlag, der angeblich zu den «Top 10 der Schweizer Printmedien» zählt. Ange­sichts des verschwindend kleinen Anteils redaktioneller Beiträge war diese Behauptung unlauter (Fall Nr. 106/19).

  • Nachahmenswert: Das Lauterkeitsrecht kennt kein generelles Verbot, fremde Leistungen nachzuah­men. Unlauter ist solche Werbung lediglich, wenn das Original einerseits Kennzeichenkraft besitzt, andererseits in wesentlichen Teilen übernommen wird, eine Verwechslungsgefahr besteht und die Nachahmung unnötig anlehnend ist. Das war bei dieser Beschwerde nicht der Fall; deshalb wurde sie abgewiesen (Fall Nr. 152/18).

  • Auf den Hund gekommen: Ähnlichen lag der Fall bei der Bewerbung von Bettwanzen-Spürhunden und der Frage, wer von den beiden Parteien das Original sei. Da auch die Bezeichnung «Bedbug Hunter» rein beschreibend ist und nicht als Wortmarke eingetragen werden kann, wurde die Beschwerde be­züglich Markenklau abgewiesen. Gutgeheissen wurde sie jedoch wegen eines irreführenden Logos sowie falschen Angaben bezüglich Ausbildung und Zertifizierung der Tiere (Fall Nr. 166/18).

Alles rund ums Putzen

  • «Ist Ihre Frau staubig? Dann ist es höchste Zeit für einen XY-Staubsauger». Dieser Claim wurde als unlauter taxiert, da er den Frauen stereotype Eigenschaften zuschreibt. Unverfänglich wäre die Aussage gewesen: «Sind Sie staubig – Dann ist es…..» (Fall Nr. 172/18).

  • Ich komme immer: Sind Werbesprüche wie «Ich komme immer» und «Ich schaue in jede Ritze» für einen Rohreinigungsservice sexistisch oder nicht? Unbestritten war für die behandelnde Kammer, dass ein sachlicher Zusammenhang mit der Tätigkeit besteht; ebenso, dass die Aussagen einen se­xuellen Bezug haben. Im Hinblick auf den Durchschnittskonsumenten kam die SLK zur Ansicht, dass keine unangemessene Darstellung von Sexualität vorliege (Fall Nr. 189/18).

  • Darf man noch Putzfrau sagen? Beanstandet wurde die URL xxxxxxxx.ch, da sie den Eindruck vermit­tle, nur Frauen sollen Hausarbeit verrichten. Die SLK erachtete sie dagegen nicht als geschlechter­diskriminierend, da «Putzfrau» eine gängige Berufsbezeichnung sei (Fall Nr. 190/18).

Insgesamt haben die drei Spruchkammern im laufenden Jahr in bislang vier Sitzungen 51 Beschwerden, zwei Rekurse und ein Sanktionsbegehren behandelt. Die detaillierten Begründungen dazu finden Sie wie immer auf der Website www.faire-werbung.ch im Bereich «Entscheide».

Thomas Meier
Kommunikationsbeauftragter Schweizerische Lauterkeitskommission