Schweizerische Lauterkeitskommission heisst Beschwerden gegen FIFA gut
Gegen die Kommunikation der FIFA zur Klimaneutralität der Fussball-WM 2022 in Katar wurden bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission Beschwerden aus fünf europäischen Ländern eingereicht. Nach einem aufwändigen und komplexen Verfahren heisst die SLK diese nun gut.
Die Beschwerden, die Ende letzten Jahres bei der Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) eingereicht wurden, hatten alle denselben Inhalt: Die FIFA habe bei ihrer Kommunikation zur Klimaneutralität der WM in Katar unlautere Aussagen gemacht, so der Vorwurf der Beschwerdeführerinnen aus der Schweiz, Frankreich, Belgien, Grossbritannien und den Niederlanden. Nun hat die Zweite Kammer in einem aufwändigen Verfahren alle fünf Beschwerden gutgeheissen.
Strenger Massstab beim Werben mit Klimaneutralität
In ihrem Entscheid setzte sich die SLK eingehend mit der Frage auseinander, welche Anforderungen für das Werben mit der Klimaneutralität erfüllt sein müssen. Tatsachenbehauptungen müssen von Gesetzes wegen richtig und dürfen nicht irreführend sein. Es muss ein strenger Massstab gelten, wenn es darum geht, die Richtigkeit von Umweltbehauptungen zu beweisen. Die SLK hält sich dabei an die entsprechenden Vorgaben des Marketing- und Werbekodex der International Chamber of Commerce ICC. (Kapitel D des ICC Kodex: Werbung und Marketing mit Umweltbezug, siehe https://www.faire-werbung.ch/wp-content/uploads/2021/09/ICC_Code-2018_DE.pdf ).
Nachweis nicht erbracht
Die FIFA hat in der beanstandeten kommerziellen Kommunikation teilweise absolute Aussagen verwendet und so den falschen und irreführenden Eindruck erweckt, die Fussballweltmeisterschaft 2022 in Katar sei bereits vor und während dem Turnier klima- bzw. CO2-neutral.
Die SLK kommt zum Schluss, dass nicht behauptet werden darf, Nachhaltigkeitsziele seien erreicht worden, solange keine definitiven und allgemein akzeptierten Methoden zur Messung der Nachhaltigkeit oder zur Sicherung ihrer Durchführung vorliegen. Die Beweislast liegt jeweils beim werbenden Unternehmen. Den von der SLK geforderte Nachweis der Richtigkeit konnte die FIFA im vorliegenden Verfahren nach Auffassung der Zweiten Kammer nicht erbringen.
Kein Konzept für weitere Kompensation der CO2-Emmissionen
Die FIFA hatte einen Ex-Ante-Bericht erstellen lassen, der die voraussichtlichen Emissionen – 3,63 Millionen Tonnen CO2 – auf provisorischer Basis berechnet. Die Beschwerdeführerinnen kritisieren jedoch, die darin enthaltenen Einschätzungen seien zu tief.
Ob die Schätzung der FIFA realistisch bzw. zutreffend ist, konnte die SLK nicht abschliessend beurteilen. Offensichtlich liegt aber keine «allgemein akzeptierte Methode» im Sinne von Art. D1 Code ICC vor. Selbst wenn die Schätzung dereinst den definitiven Zahlen entsprechen sollte, blieb für die SLK unklar, ob die versprochene Kompensation überhaupt realistisch ist.
In ihren Ausführungen gibt die FIFA zwar an, sie habe die im Voraus geschätzten 3,63 Millionen Tonnen CO2 bereits kompensiert. Zudem habe sie wiederholt in Aussicht gestellt, die zu einem späteren Zeitpunkt definitiv zu berechnenden Emissionen vollständig zu kompensieren. Sie wies die Kompensation der ex-ante geschätzten Emissionen jedoch nicht nach und legte auch kein Konzept vor, wie sie eine allfällige weitere Kompensation vornehmen wird. Zudem blieb unklar, ob die Kompensationsmassnahmen den Schweizer Standards entsprechen. Diese fordern unter anderem einen vollständigen und dauerhaften Entzug von CO2 aus der Atmosphäre.
Empfehlung der SLK
Die SLK empfiehlt der FIFA, inskünftig auf die beanstandeten Aussagen zu verzichten. Insbesondere darauf, dass die Fussballweltmeisterschaft 2022 in Katar klima- bzw. CO2-neutral sei. Es sei denn, sie kann zum Zeitpunkt der Kommunikation einerseits den vollständigen Nachweis der nach allgemein akzeptierten Methoden vorgenommenen Berechnung aller aufgrund des Turniers kausal verursachten CO2-Emissionen sowie andererseits den Nachweis der vollständigen Kompensation dieser CO2-Emissionen erbringen.
Der Beschluss ist rechtskräftig. (geändert am 3. Juli 2023)
Den Beschluss im Volltext finden Sie hier.
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Anja Kutter
SLK Medienstelle