Neue Stopp-Werbung-Richtlinien

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Im ersten Halbjahr 2017 haben die drei Kammern sowie das gemeinsam tagende Plenum der Schwei­­zeri­schen Lauterkeits­kommission (SLK) insgesamt 37 Beschwerden zu beurteilen. Ausnahmsweise und erstmals in ihrem 50-jährigen Bestehen hat die SLK im Rahmen eines Falles die beiden Streitparteien zu einer persönlichen Anhörung eingeladen. Zudem hat das Plenum neue Richtlinien im Zusammenhang mit der Missachtung der Stopp-Werbung-Kleber verabschiedet.

Eine Beschwerde gegen eine unerwünschte Promopost-Sendung hat die Frage aufgeworfen, inwieweit Gratispublikationen mit Informationen, die grundsätzlich von allgemeinem Interesse sind wie Notfall-Nummern, dazu berechtigen, den Stopp-Werbung-Kleber zu missachten. Die bestehenden Richtlinien der SLK wie der Post und des SDV Schweizerischer Dialogmarkmarketing Verband waren diesbezüglich zu wenig klar. Die SLK hat in der Folge eine Arbeitsgruppe eingesetzt mit dem Auftrag, eine Grundlage zu schaffen, um inskünftig eine einheitliche Praxis sicherstellen zu können. Die neuen Richtlinien sind mit-lerweile in Kraft getreten und auf der Website der SLK www.faire-werbung.ch unter «Dokumente» einsehbar.

Ausnahmsweise Anhörung

In einem kniffligen Fall im Zusammenhang mit der Bewerbung eines Hybrid-Fahrzeugs mit dem Claim «Braucht keine Steckdose und fährt trotzdem elektrisch» hat die SLK erstmals in ihrer Geschichte eine Anhörung durchgeführt. Die zuständige Kammer war in der Sache der Ansicht, dass der Durchschnitts­adressat aufgrund des Claims erwarte, dass das Fahrzeug mit dem Elektromotor in etwa die gleiche Reichweite erziele wie ein Plug-in-Hybrid, der an der Steckdose geladen wird. Da dies anhand der ein­gereichten technischen Unterlagen nicht klar ersichtlich war, hat die SLK die beiden Parteien ausnahms­weise zu einer Anhörung eingeladen und ihnen die Möglichkeit gegeben, auf ergänzende Fragen der Kammermitglieder zu antworten. Die Beschwerdegegnerin konnte im direkten Gespräch den Sachverhalt soweit erläutern, dass die SLK die Werbung als zulässig erachtete und die Beschwerde abwies.

37 Beschwerden, 6 Rekurse, 3 Sanktionen

Von insgesamt 37 Beschwer­den haben die drei Kammern inklusive Plenum im ersten Halbjahr 2017 16 gut­­geheissen, 12 abgewiesen sowie 3 teils gutgeheissen, teils abgewiesen. Auf 3 Beschwerden sind die Kammern mit ihren insgesamt 9 Kammer­mitgliedern und einem guten Dutzend Fach- und Medienexperten nicht eingetreten und haben weitere 3 nicht anhand genommen. Darüber hinaus hat die SLK 3 Sanktions­begehren und 6 Rekurse beurteilt und allesamt abgewiesen.

Ausgewählte Fälle

  • Falsches Versprechen: In seiner Werbung versprach ein Fahrdienst, dass ein Chauffeur «leicht» CHF 2000.– pro Woche verdienen könne; da er den Nachweis für diese Sachbehauptung nicht erbringen konnte, wurde die Beschwerde gutgeheissen (Dritte Kammer, 25.1.17).

  • Täuschendes Schweizerkreuz: Ein Treppenlift-Hersteller bewarb seine Produkte mit dem Schweizer Kreuz und dem Schweizer Wappen. Seine Treppenlifte stammen allerdings aus dem Ausland; zudem ist die Verwendung des Wappens seit 1. Januar 2017 der Schweizer Eidgenossenschaft vorbehalten. Die Beschwerde wurde gutgeheissen (Dritte Kammer, 25.1.17).

  • Intransparenter Testsieger: Wer sich rühmt, das «Beste Digital-TV der Schweiz» zu sein, muss klar aufzeigen, auf welchem Test diese Alleinstellungsbehauptung basiert; da dieser Hinweis fehlte und der Test lediglich eine Kundenumfrage war, wurde diese Werbung als unlauter beurteilt (Erste Kammer, 15.3.17).

  • Unzulässiges Heilsversprechen: Eine Website pries ihr Produkte als «Probiotika» an und erklärte zudem, sie seien gesundheitsfördernd. Aufgrund der unzulässigen Heilsanpreisungen wurde die Beschwerde gutgeheissen (Erste Kammer, 15.3.17).

  • Grenzübergreifend unlauter: Ein deutscher Küchenprospekt, der in der Schweiz verteilt wurde, ver­stiess gleich mehrfach gegen das Lauterkeitsgebot: unklare Preisangaben, ungenaue Typen­bezeich­nungen sowie die Bewerbung von Küchengeräten, die in der Schweiz gar nicht zugelassen sind, ohne entsprechenden Hinweis (Erste Kammer, 15.3.17).

  • Fälschliches Rückgaberecht: Ein Webshop pries ein bedingungsloses Rückgaberecht von 7 Tagen an, stattete allerdings nicht die Kaufsumme zurück, sondern lediglich einen Einkaufsgutschein. Dass die abweichenden Rückgabebedingungen in den AGB standen, reichte für eine solche Handhabung nicht aus. Ohne eindeutige Spezifikation darf der Durchschnittskonsument ein solches Rückgaberecht zu seinem Nennwert nehmen (Erste Kammer, 15.3.17).

  • Degustation vs Test: Gleich gegen vier Weinhändler reichte ein Beschwerdeführer eine identische Beschwerde ein: deren Degustationsnotizen würden die Richtlinien für Tests der SLK nicht erfüllen. Weinbeschriebe müssen zwar wahr und klar sein, sind jedoch keine Tests im erwähnten Sinn; der Durchschnittskonsument erkennt sie als subjektive Meinungen von Fachleuten. Die Beschwerde wurde abgewiesen (Zweite Kammer, 10.5.17).

Die detaillierten Begründungen zu sämtlichen Entscheidungen finden Sie wie immer auf der Website www.faire-werbung.ch im Bereich «Entscheide».

Thomas Meier
Kommunikationsbeauftragter Schweizerische Lauterkeitskommission