Neue Präsidentin, neue Massnahmen

Seit einem Jahr ist die Nationalrätin Pascale Bruderer Präsidentin der Schweizerischen Lauterkeitskommission. Bereits in deren erstem Amtsjahr hat die Kommission diverse Neuerungen und Anpassungen vorgenommen.

Im Frühjahr 2007 ist die Aargauer Nationalrätin Pascale Bruderer zur neuen Präsidentin der Schweizerischen Lauterkeitskommission gewählt worden. Ein Anliegen der Nachfolgerin von Doris Leuthard war es von Anfang an, die Kommission und deren Arbeit zur Förderung der Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Es wurde beschlossen, sämtliche Fälle, die von der Kommission behandelt und entschieden worden sind, auf der eigenen Homepage (www.lauterkeit.ch) unter Abdeckung des Firmennamens zu publizieren. Ebenfalls in dieses Kapitel gehörte die Organisation eines Workshops zum Thema sexistische Werbung, welcher bei den Medien auf ein beachtliches Echo gestossen ist.

Revision des Grundsatzes Nr. 3.11
Das Thema Sexismus hat die LK auch im letzten Jahr stark beschäftigt: 15.7% aller Beschwerden hatten dieses Problem zum Inhalt. Da dieses Motiv zudem stetig zunimmt und ausserdem zu einem eigentlichen Politikum avanciert ist, hat die LK beschlossen, den Grundsatz Nr. 3.11, welcher die geschlechterdiskriminierende Werbung behandelt, zu revidieren. Unter anderem ist ein eigener Tatbestand geschaffen worden für Fälle, in denen Stereotypisierung die Gleichwertigkeit der Geschlechter in Frage stellt. Neu dazu gekommen ist auch die Möglichkeit, unangemessene Darstellung von Sexualität zu ahnden.

Interessant in der Statistik der Beschwerden gemäss diesem Grundsatz ist die Feststellung, dass der Anteil der Einsprachen sich medienmässig stark verschoben hat. Betrafen 2005 noch 57.1% der Beschwerden Werbung auf Plakaten, so schrumpften diese im Jahr 2007 auf 30.3%. Dafür gab es eine markante Zunahme bei den Printmedien: von 17.9% im Jahr 2005 auf 41.1% im 2007. Es scheint, dass die interne Kontrolle bei den Plakatgesellschaften Früchte trägt.

Mediales Interesse gestiegen
Die Lauterkeitskommission funktioniert wie ein ordentliches Gericht. Ihre Arbeit erledigt sie diskret, und Rechtsauskunft erteilt sie nicht. Das war schon immer so: Als die LK 1966 als Selbstkontrollorgan gegründet wurde, hatte die Werbung ihre Unschuld noch nicht verloren. Kaum jemand ärgerte sich über die kommerzielle Kommunikation, weder qualitativ noch quantitativ. Und bei den Medien war Werbung kein Thema.

Das änderte, als die Werbung zunehmend unser Leben zu bestimmen begann und sich die LK entschloss, im Interesse der eigenen Arbeit vermehrt an die Öffentlichkeit zu treten. Sie schuf eine Pressestelle, welche nicht nur Sanktionsverfahren, sondern auch interessante Fälle publizierte. Auch wenn sich die Redaktionen zu Beginn relativ zurückhaltend zeigten und eigentlich meist nur Fälle mit sexistischem Inhalt verbreiteten, ist das Interesse an der Arbeit der LK bei den Journalistinnen und Journalisten stark gestiegen. Die RedaktorInnen sind, wie das Publikum auch, vermehrt auf die kommerzielle Kommunikation sensibilisiert worden. Das Übrige trugen Politiker und Parteien bei, die in der Werbung schlechterdings das Böse an sich sehen und ihr deshalb auch die Schuld an diversen gesellschaftlichen Entgleisungen zuweisen. Auf Anregung der Leserschaft oder aus eigenem Ansporn publizieren zahlreiche Medien Beiträge über lautere respektive unlautere Werbung.

Es vergeht kaum ein Tag, an welchem die Pressestelle nicht von einer Redaktion kontaktiert wird. Auffallend gross ist neuerdings das Interesse der elektronischen Medien: Innerhalb weniger Wochen stellten Redaktoren des Tessiner Fernsehens (patti chiari), des Westschweizer Fernsehens (A bon entendeur) und des SF-Magazins (Kassensturz) ihre Kameras in den Büros der LK auf. Das Tessiner Fernsehen drehte einen Bericht über den Posthorn-Versand, die Kollegen aus der Romandie nahmen das Thema Branchenregister auf und Kassensturz machte ein Interview über den Wiener Direktverkauf Friedrich Müller. Die Berichterstattung am TV ist zweifellos im Sinne der LK, immerhin hatte die neue Präsidentin der Kommission, Nationalrätin Pascale Bruderer, es als eines ihrer Ziele bezeichnet, die LK bekannter und damit glaubwürdiger und einflussreicher zu machen.

Piero Schäfer
Pressesprecher der Lauterkeitskommission