Nackte Tatsachen sind nicht immer sexistisch

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In ihrer ersten Sitzung 2013 hatte die Erste Kammer der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) gleich zwei Beschwerden wegen sexistischer Werbung zu beurteilen. Trotz nackter Tatsachen wurde nicht beiden stattgegeben.

Welche Darstellung ist sexistischer: Ein weiblicher, nur mit einem Tanga bekleideter Po mit dem Claim «Du hast den Stecker … wir die Dose!». Oder ein weibliches Model, dessen Blössen mit einem QR-Code bzw. einem Textkasten mit der Aufforderung «Lueget Sie doch mal, welche Überraschung für Sie dahinter steckt!» bedeckt sind. Die Erste Kammer der SLK hat sich die Antwort nicht leicht gemacht. Letztlich kam sie aber einstimmig zum Schluss, dass «Stecker und Dose» nicht unter den Grundsatz Nr. 3.11 fällt, das Model dagegen schon.

Erotikportal und Bademode 
In den Grundsätzen der Lauterkeitskommission heisst es, dass geschlechterdiskriminierende Werbung insbesondere dann vorliegt, wenn zwischen der Personendarstellung und dem beworbenen Produkt kein natürlicher Zusammenhang besteht oder wenn die Person in rein dekorativer Funktion als Blickfang dargestellt wird. Genau das wurde der «Model-Werbung» zum Verhängnis. Für den durchschnittlichen Betrachter – hier ist die männliche Form sicher gestattet – konnte nicht ersichtlich werden, dass es sich um Bademode-Werbung handelt; umso mehr, als das Inserat in einem Umfeld erschienen ist, das keinerlei Hinweis darauf gab. Das weibliche Model hat eine rein dekorative Funktion, die voyeuristische Gedanken anspricht und die Hoffnung weckt, die Frau nackt zu sehen.

Trotz des anzüglichen Claims hat die SLK dagegen die Beschwerde gegen das Plakat für ein Erotikportal abgelehnt. Denn zum einen besteht ein klarer Bezug zwischen Darstellung und Angebot. Zum anderen werden mit Stecker und Dose nicht Mann und Frau bezeichnet, sondern symbolisch die Geschlechtsteile. Auch wenn die SLK letztlich die Geschlechterdiskriminierung verneinte, handelt es sich um einen Grenzfall. Umso mehr als die SLK keine moralischen Urteile fällt.

Weitere Beschlüsse der Ersten Kammer.

Thomas Meier
Kommunikationsbeauftragter Schweizerische Lauterkeitskommission