Erste Beschwerden zum Thema Influencer-Marketing
Die Dritte Kammer der Schweizerischen Lauterkeitskommission hatte in ihrer Sitzung vom 19. Juni 2019 stattliche 19 Beschwerden zu beurteilen. Neben den drei Fällen zum Thema Influencer-Marketing, die bereits im Vorfeld hohe Wellen aufgeworfen haben, hatten die drei gewählten Kammermitglieder und die 13 beratenden Expertinnen und Experten weitere interessante Fragen zu beantworten. Zum Beispiel, ob der Stopp-Werbung-Kleber auch gilt, wenn die Werbung als Beilage einer Bestellung eines Versandhauses versandt wird.
Von den 19 Beschwerden, die sie behandelte, hiess die Dritte Kammer 6 gut, wies 8 ab und entschied bei einer Beschwerde teils, teils. Zudem wurde eine Beschwerde nicht anhand genommen und drei materiell nicht geprüft, da sich die Beschwerdegegner unterzogen haben. Das heisst, dass sie bereits vor der Kammersitzung glaubwürdig zugesichert haben, die fragliche Werbung nicht mehr einzusetzen.
Influencer-Marketing unter verstärkter Medienbeobachtung
Von insgesamt fünf Beschwerden, die eine Konsumentenorganisation gegen bekannte Schweizer Persönlichkeiten eingereicht hat, weil sie in ihren Instagram-Accounts gegen die Trennungspflicht von Inhalt und Werbung verstossen haben sollen, konnte die Dritte Kammer in ihrer Juni-Sitzung drei beurteilen. Davon hiess sie eine gut, lehnte eine ab und akzeptierte im dritten Fall, dass sich die betroffene Sportlerin unterzogen hat.
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Gutgeheissen: Die gutgeheissene Beschwerde betraf einen Sportler, der auf seinem Account die Bekleidungslinie eines Sportartikelausrüsters bewarb unter anderem mit der Aussage «what to wear». Da dieser Ausrüster zugleich ein Hauptsponsoren des Sportlers ist, wirkte seine Begründung, er habe den Post rein aus persönlichem Interesse abgesetzt und sei keine kommerzielle Kommunikation, in keiner Weise nachvollziehbar.
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Abgewiesen: In diesem Fall ging es um den Post einer TV-Moderatorin und Musikerin, in dem sie der Crew, mit der sie ihren neuen Musikvideos gedreht hatte, für ihre Mitarbeit dankte. Am Ende der Liste von 15 entsprechenden Hashtags verlinkte sie eine Bar, ein Einkaufszentrum und ein Modelabel, was ihr von der Beschwerdeführerin als Werbung ausgelegt wurde. Die SLK war anderer Meinung, da die drei fraglichen Hashtags nicht speziell herausgehoben worden sind und keine werblichen Aussagen machten; zudem ist es bei der Produktion eines solchen Videos üblich, die Beteiligten zu verdanken.
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Unterzogen: Im dritten Fall hat sich die Sportlerin der Beschwerde unterzogen, bevor sie von der SLK behandelt wurde. Das heisst, dass sie glaubwürdig versicherte, künftig das Trennungsgebot einzuhalten und ihre Posts entsprechend zu kennzeichnen. Aus diesem Grund hat die Dritte Kammer die Beschwerde materiell nicht beurteilt und sich auch nicht zu den Vorschlägen der Sportlerin geäussert, wie sie künftig die Werbung kennzeichnen werde.
Seximus: Der sachliche Zusammenhang ist zentral
Die Beschwerde gegen die Werbung für einen Saunaclub hiess die SLK gut, obwohl der verlangte sachliche Zusammenhang zwischen der beworbenen Dienstleistung und der Art seiner Bewerbung gegeben war. An der Darstellung hatte die Dritte Kammer denn auch nichts auszusetzen. Unlauter war jedoch der Claim «Ostern? Eier lecken! Wenn rasiert…». Im öffentlichen Raum sind solch detaillierte Schilderungen von erotischen Dienstleistungen nicht angemessen. Abgewiesen wurde dagegen die gleiche Beschwerde, die sich gegen die Mediaagentur richtete, die für die Platzierung der Werbung auf dieser Plakatstelle verantwortlich war. Gemäss Art. 8 Abs. 2 des Geschäftsreglements der SLK ist eine Beschwerde grundsätzlich stets gegen das werbetreibende Unternehmen zu richten.
Abgewiesen wurde auch die Beschwerde gegen einen Paid Post auf der Website einer Zeitung. Beworben wurden die Dienstleistungen einer erotischen Partnervermittlung. Im Rahmen der verfassungsmässig garantierten Wirtschaftsfreiheit gemäss Art. 27 Bundesverfassung ist es nicht widerrechtlich, erotische Dienstleistungen anzubieten und zu bewerben, solange sie nicht gegen den Grundsatz Nr. B.8 «Geschlechterdiskriminierende kommerzielle Kommunikation» verstossen. Das tat der betreffende Post nach Ansicht der Dritten Kammer nicht, umso mehr als ein sachlicher Zusammenhang zwischen Form und beworbenem Angebot bestand.
Weitere Fälle in der Übersicht
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Die Grenzen des Stopp-Werbung-Klebers: Die Beschwerde einer Privatperson richtete sich gegen ein Online-Versandhaus, das zusammen mit der bestellten Ware unadressierte Werbung versandt hatte. In diesem Fall ist der Stopp-Werbung-Kleber nicht wirksam. Gemäss Art. 27 Bundesverfassung und Art. 19 Obligationenrecht kann ein Unternehmen frei entscheiden, wie es sein Angebot ausgestalten will. Die Beschwerde wurde abgewiesen.
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Testberichte müssen unabhängig sein: Eine Onlineplattform für Finanzdienstleistung veröffentliche einen Testbericht zu fünf Anbietern von Geldwechseldienstleistungen. Der Beschwerdeführer, ein direkter Mitbewerber, monierte, dass die Plattform nicht kenntlich machte, dass es sich beim Autor um einen eigenen Mitarbeiter handelte. Die Richtlinien der SLK stellen hohe Ansprüche an Tests und verlangt unter anderem, dass der Tester neutral sein muss. Das bedeutet, dass keinerlei Kooperation zwischen Tester und Getesteten bestehen darf. Die Beschwerde wurde gutgeheissen.
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Vollständige Geschäftsangaben nur im Geschäftsverkehr: In einer Beschwerde wurde unter anderem beanstandet, dass der Beschwerdegegner in einer Publireportage seine Adresse nicht vollständig veröffentlicht habe, wie es gemäss Handelsregister nötig sei. Dabei beachtete der Beschwerdeführer nicht, dass gemäss Grundsatz Nr. B.10 ein Unternehmen lediglich im Geschäftsverkehr den Handelsregistereintrag unverändert übernehmen muss. Bei einer Publireportage handelt es sich um keinen Geschäftsverkehr im Sinne von Art. 954a Abs. 1 des Obligationenrechts. Die Beschwerde wurde abgewiesen.
Die detaillierten Begründungen zu sämtlichen Entscheiden finden Sie wie immer auf der Website www.faire-werbung.ch im Bereich «Entscheide».
Thomas Meier
Kommunikationsbeauftragter Schweizerische Lauterkeitskommission