Äpfel mit Birnen vergleichen
Die Erste Kammer der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) hatte an ihrer Sitzung vom 9. März 2016 sieben neue Fälle sowie einen Sanktionsantrag zu beurteilen. Fiktive Röntgenbilder, Elektrosmog-Chips und gewagte Vergleiche sorgten für einigen Diskussionsstoff.
Äpfel mit Birnen zu vergleichen, ist abgesehen von Ernährungsfragen bekanntlich keine allzu gute Sache. So auch im Falle des Preisvergleichs «Fernwärme: 1 kWh = 16,74 Rp.; Heizöl: 1 kWh = 7,5 Rp.» Einem Wärmepreis einen Brennstoffpreis gegenüberzustellen, monierte die Beschwerdeführerin, sei ebenso unstatthaft wie die Behauptung «Da der Heizbetrieb dieser Fernwärmeanlagen nicht für die gesamte Wärmeversorgung ausreicht, wird ein wesentlicher Anteil von der Ölheizung übernommen.» Die Erste Kammer der SLK gab ihr in beiden Fällen recht. Bei Vergleichen und insbesondere bei Preisvergleichen darf gemäss Bundesgericht nur wirklich Vergleichbares miteinander verglichen werden (BGer 4A_647/2014 vom 15.4.15). Art. 3 Abs. 1 lit. e des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verlangt zudem, dass solche Werbung nicht unrichtig oder irreführend sein darf und für den Durchschnittskonsumenten unmittelbar nachvollziehbar sein muss. Die beanstandete Aussage ihrerseits ist eine Sachbehauptung, die ein Beschwerdegegner beweisen muss. Der als Beleg angeführte PR-Artikel der Fernmeldebranche genügt dafür nicht. In beiden Punkten wurde die Beschwerde gutgeheissen.
Nachahmungsfreiheit
Abgewiesen wurde dagegen die Beschwerde eines Eishockey-Webradiosenders, der einen Mitbewerber beschuldigte, für seine Website Texte, Layouts, Logos und Aufbau abgekupfert zu haben. Das Lauterkeitsrecht kennt kein generelles Verbot, fremde Leistungen nachzuahmen. Das Bundesgericht hat mehrfach festgehalten, dass Leistungen oder Arbeitsergebnisse, die keinen Immaterialgüterrechtsschutz – insbesondere Marken- oder Urheberrechtsschutz – geniessen, grundsätzlich von jedermann genutzt und nachgeahmt werden dürfen. Die Nachahmung darf allerdings nicht zu Verwechslungen mit Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen führen (Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG). Obwohl eine gewisse Ähnlichkeit nicht zu leugnen war, konnte die Erste Kammer insgesamt weder ein Verstoss gegen das Lauterkeitsrecht noch gegen das Urheberrecht feststellen.
Spiel mit der Angst
Die Werbung eines fiktiven Röntgeninstitutes für E-Bikes mit fiktiven Röntgenbildern sei irreführend und reine Panikmache, meinte die Beschwerdeführerin. Der E-Bike-Vertrieb sah das anders und war der Ansicht, dass der humoristische Gehalt der Aktion bereits beim ersten Blick auf das fiktive Röntgenbild klar erkennbar sei. Gemäss Art. 4 Abs. 2 des Kodex der International Chamber of Commerce (ICC) soll Marketingkommunikation nicht ohne vertretbaren Grund mit Angst spielen. Das kann im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen werden, da das übergrosse Couvert mit dem fiktiven Absender «Röntgeninstitut Oberwangen – Röntgen, Mammographie, Ultraschall» und dem Vermerk «RÖNTGENAUFNAHMEN Bitte nicht knicken!» versehen war. Die Erste Kammer hat diese Frage nicht abschliessend geklärt, da der E-Bike-Vertrieb glaubhaft versichert hat, diese Art Kampagne nicht mehr weiterzuführen (Art. 9 Abs. 1 lit. b Geschäftsreglement SLK).
Bioresonanz oder Blödsinn?
Können «Elektrosmog-Chips» schädliche Handystrahlung tatsächlich in positive Bioresonanz-Strahlung umwandeln und «Food-Chips» den Geschmack von Lebensmitteln verbessern? Der Beschwerdeführer war der Ansicht, das sei «Schwachsinn». Die verwendeten Begriffe seien wissenschaftlich nicht bewiesen. Zudem war er der Meinung, dass nur Wirkungsweisen beworben werden dürfen, die über einen wissenschaftlichen Nachweis verfügen. Das ist nach Meinung der SLK nicht der Fall, da es sonst auch nicht mehr statthaft wäre, homöopathische Mittel zu bewerben. Zu beurteilen, ob Elektrosmog- und Food-Chips effektiv wirken oder bloss Schwachsinn sind, liegt nicht in der Kompetenz der Lauterkeitskommission. Die Erste Kammer hatte deshalb nur zu beurteilen, ob die vom Beschwerdeführer beanstandeten Aussagen der Werbung irreführend waren. Dafür gab es keinen Hinweis. Die Beschwerde wurde abgewiesen.
Die detaillierten Begründungen zu sämtlichen Entscheidungen der Ersten Kammer vom 9. März 2016 finden Sie wie immer auf der Website www.faire-werbung.ch im Bereich «Entscheide».
Thomas Meier
Kommunikationsbeauftragter Schweizerische Lauterkeitskommission