Von der «einzigartigen Gelinggarantie» bis an die Grenze zur Täuschung

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An ihrer Sitzung vom 30. Januar 2013 hatte die Dritte Spruchkammer der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) einmal mehr Beschwerden unterschiedlichster Art zu beurteilen. Insgesamt beriet sie unter der Leitung von Ueli Custer fünf hängige Verfahren sowie zehn neue Beschwerden. Nachdem die Rekursfrist ungenutzt verstrichen ist, sind die Beschlüsse rechtskräftig.

Solarenergie: Äpfel mit Birnen verglichen 
Hat der beklagte Solarenergie-Anbieter Äpfel mit Birnen verglichen und seine Photovoltaik-Anlage in zu gutem Licht erscheinen lassen? Da der Dritten Kammer das elektrotechnische Wissen, das für eine sachgerechte Beantwortung nötig gewesen wäre, verständlicherweise abgeht, musste sie sich auf die Expertise der Fachleute verlassen. Die Beschwerde wurde in der Folge zwar abgewiesen; die SLK empfahl der beklagten Partei jedoch, künftig die richtigen «Früchte» miteinander zu vergleichen. Dieser Fall hat exemplarisch gezeigt, dass die SLK mit ihrem einfachen und schnellen Verfahren für hochkomplexe technischen Sachverhalten nicht optimal gerüstet ist.

Sprachtherapie: Testimonials müssen nachprüfbar sein 
Testimonials sind ein probates Mittel, um ein Produkt oder eine Dienstleistung glaubwürdig zu bewerben. Gemäss den Grundsätzen der Lauterkeit müssen sie sich jedoch auf Angaben zum Produkt/zur Dienstleistung beschränken, und die Testimonialgeber müssen real sein. Die beklagte Stiftung für Sprachtherapie konnte das für 19 von 27 Testimonials auf ihre Website ohne Weiteres nachweisen. Deshalb wurde die Beschwerde grundsätzlich abgewiesen; allerdings mit der Empfehlung, die restlichen acht, für die kein Nachweis erbracht worden ist, nicht weiter zu nutzen.

Weinangebot: An der Grenze zur Täuschung 
Kann es noch lauter sein, wenn ein Produkt an einem Tag online beworben wird, am nächsten Morgen bei Ladenöffnung um 8.00 Uhr jedoch bereits in drei Filialen ausverkauft ist? Die SLK hat das verneint und die Beschwerde gutgeheissen. Denn selbst der beklagte Detailhändler anerkannte, dass Spezialangebote für mindesten drei Tage, in Ausnahmefällen zumindest für ein bis zwei Tage reichen sollten. Dass auf der Website auf die beschränkte Menge hingewiesen wurde, genügte nicht als Entschuldigung; umso weniger, als mehrere Klicks nötig waren, um bis zu dieser Information vorzustossen.

Backöfen: Absolute Aussagen sind heikel 
Unbestritten war, dass der Backofen nicht so funktionierte, wie es die Werbung versprochen hatte. Fraglich war nur, ob es sich um einen bedauerlichen Einzelfall oder einen systematischen Fehler handelte. Da die SLK die technische Funktionsweise eines Produktes nicht beurteilt, konnte sie diese Frage nicht klären. Sie empfahl dem beklagten Hersteller jedoch, inskünftig auf absolute Aussagen wie «einzigartige Gelinggarantie» zu verzichten.

Bergbahnen: Nackte Tatsachen bzw. YouTube war schneller 
Der Fall schien an sich klar: Wer den Werbeclip auf YouTube gesehen hatte, sah offenbar sehr viel nackte weibliche Haut – längst nicht nur an Bein und Bauch. Zu viel, so dass YouTube umgehend reagierte und den Spot zensierte. Dummerweise so umgehend, dass die SLK keine Gelegenheit mehr hatte, den strittigen Fall im Original zu beurteilen. Die gekürzte Version gab dagegen keinen Grund zur Beanstandung. Die Beschwerde wurde abgelehnt. Als Lehre aus diesem Fall empfiehlt die SLK bei Internetwerbung, nicht nur einen Link als Beweismaterial einzureichen, sondern einen Ausdruck (Screenshot) oder noch besser eine Datei.

Firmenkataloge: Rechnung getarnt als Bestelltalon 
Leider ist es kein Einzelfall: Immer wieder versuchen Adressverzeichnisse auf unlautere Weise Kunden zu werben. So auch in diesem Fall. Der Fax-Talon weckte den Eindruck, der Empfänger könne ein kostenloses Exemplar eines Firmenkatalogs bestellen. Dass der Kunde sich jedoch mit seiner Unterschrift zu einem kostenpflichtigen, sich jährlich wiederholenden Eintrag in das Verzeichnis verpflichtete, stand nur im Kleingedruckten. Damit handelte der Beklagte eindeutig gegen Art. 3 Abs. 1 lit. p des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Klage wurde gutgeheissen.

Unverbesserlich: Baumaterial ist geduldig 
Der Fall an sich wäre keiner Rede wert. Ein Unternehmen, das mit Baumaterial handelt, sendet einem potenziellen Kunden unaufgefordert einen E-Mail-Newsletter zu. Nicht einmal aussergewöhnlich ist es, dass der Absender auch nach mehrmaliger Aufforderung seine Werbesendung nicht stoppte, sondern erst nachdem der Empfänger bei der SLK Beschwerde eingereicht hatte. Bemerkenswert ist hingegen, dass die besagte Baumaterialfirma ein notorischer Gast bei der SLK ist; allein 2012 wurden fünf Beschwerden gegen sie stattgegeben. So auch in diesem Fall.

Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren 
Das letzte Beispiel zeigt, dass es offenbar vereinzelte Unternehmen gibt, die nicht mit sich reden lassen und die Empfehlungen der Lauterkeitskommission regelmässig missachten. Was viele jedoch nicht wissen: Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sieht für vorsätzliche Zuwiderhandlung Geld- und Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor. Die Betroffenen können also auch auf dem ordentlichen Rechtsweg gegen unfaire Unternehmen respektive deren Verantwortliche vorgehen.

Weitere Beschlüsse der Dritten Kammer.

Thomas Meier
Kommunikationsbeauftragter Schweizerische Lauterkeitskommission